für Ensemble (2003-2004)
„Es ist nicht möglich eine Rede über nichts”[1]
„Farai un vers de dreit nien“[2]
———-Inanem vocem. Leeres Wort von unbekannter Bedeutung; in einem Grenzgebiet oder Niemandsland schwebend: nicht mehr als klangliches Ereignis wahrgenommen, noch nicht in seiner Bedeutung fassbar. Dieses Interregnum zwischen Phonetik und Semantik, diese Nichtigkeit des Wortes zeigt, Augustinus[3] nach, die Erfahrung der Liebe als Wissenswille, als Denken ohne Beziehung, als Gewissen-haben-Wollen der Ankunft der Sprache.
———-Prontuario. Handbuch der musikalischen Figurenlehre. Zwischen den „Erfindungs-Quellen“ der Rhetorik (die loci topici) wird die Figur Catabasis [4] als Gerüst des Klangs wirken; die leeren Worte vermehren sich innerhalb dieses Ortes in einer wuchernden Taxonomie von Tropen und Figuren, um den zeitlichen Verlauf selbstbewusst[5] versuchen zu machen (inanem vocem als shifter der modernen Linguistik) und den Raum seiner Ankunft wahrnehmbar zu ermöglichen[6].
José Luis Torá.
[1] Platon, Der Sophist
[2] „Ich werde einen Vers über gar nichts machen.” Guilhem de Peitieu, der älteste Trobador
[3] Augustinus, De Trinitate
[4] „Catabasis, Descensus, Abfahrt. Heisst in der Musik, wann die Noten oder Sing-Stimmen, laut des Texts, mit den Worten absteigen. v.g. Descendit ad infernos.“ Spiess, Tractatus
[5] „Die Rhetorik war die techné, die die Sprache selbstbewusst machte.“ Ricoeur, La métaphore vive
[6] „Und selbst die Farben kommen zur Welt, um uns das Licht erreichbar zu machen.“ Zambrano, Claros del bosque
.
.
.
.